Miniaturen

13
Aug
2005

Miniaturen 2

In Wien sterben täglich tausend Träume.
Und der Tod auch nur eines Traumes ist wie das Ende einer Welt.

12
Aug
2005

Miniatur 1

Wir stehen immer noch allein im Licht der Vernunft.
Das Jahrhundert ist zu Ende und wir sind immer noch einsam.
Mit uns kommt keine neue Zeit. Mit uns geht keine neue Zeit. Mit oder ohne uns die Zeit vergeht. Und in diesem endlosen Zeitfluß, wo sich das Gestern vom Heute und das Heute vom Morgen nur durch den Vollzug einzelner, kaum unterscheidbarer Tag(werk)e abgrenzt, werden unsere Körper und Seelen in kleine Stücke gerissen.

Unsere Existenz ist zum Stückwerk geworden.
Der Mensch existiert nur noch als Idee, als Phantom ohne Zusammenhänge, ohne Sinn. Wir begreifen uns mehr und mehr als Individuen ohne Endpunkte. Wir stehen nebeneinander, treten gegeneinander auf, ohne auch nur ein Stück von einander zu begreifen.

Dieser Zersetzung der Welt müssen wir neue Formen der Ersetzung zur Seite stellen, aus der Fragmentierung neue Formen des Ganzen erfinden, um so zu einem WIR vorzustoßen, das von diesem Jahrhundert, das nun endlich hinter uns liegt, systematisch und konsequent unterminiert und aufgelöst wurde.

Miniaturen Prolog

In einer Zeit da alles nach Maximierung und Optimierung strebt, ziehe ich mich auf die minimalistische Struktur zurück, auf den Genuß des kurzen Gedankens, auf den flüchtigen Blick einer schönen Frau, in den kurzen Regenguß eines schwülen Sommertages oder in das Glitzern der Eiskristalle am ersten Frühlingstag. Ich ziehe mich zurück in die Zwischenräume des Wissens, dorthin, wo das Licht des Denkens die Miniaturen beleuchtet und kleine Schatten wirft, die kaum zu sehen sind.

Früher schienen mir manche dieser Schattenrisse wie Fragmente, ohne Sinn, ohne Gehalt, ohne Ziel und daher ohne Bedeutung. Ich griff sie nicht auf, betrachtete sie und gab sie dem Vergessen preis. Doch irgendwann habe ich mich dann doch einmal so klein gemacht, daß ich den Schatten der Miniatur betreten konnte und es war seltsam, da lag ein Universum vor mir, das größer schien, als alles, was ich bisher gesehen hatte.

Seither sammle ich das achtlos beiseite gelegte, suche ich Miniaturen, begebe mich in ihre Schatten, zeichne sie nach, beziffere sie und lege sie im Archiv meines Lebens ab. Plötzlich schrieb ich wie nie zuvor. Seit ich mich in den Zwischenräumen bewege, in den Spalten und Ritzen der kleinen Dinge, habe ich ein ausgefülltes Leben, denn endlich kann ich den Nebensächlichkeiten jenen Raum geben, der ihnen zusteht.
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Nirgendirgendwo

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